[SENF] Das MacPad

Seit Anbeginn der Zeit erwarten Kunden, dass ein iPad ein MacBook ersetzen kann. Da dies nicht möglich ist, ist ein iPad – primär das iPad Pro – unnütz und es ist keine sinnvolle Anschaffung. Die normalen iPads können doch absolut genau dasselbe. Also, warum mehrere 100 € in ein Pro-Gerät „investieren“, was alles nur kein Pro-Gerät ist? Das ist jetzt – oder in ein paar Wochen – anders.

Einordnung

Diese Einleitung enthält viele Aussagen und Einschätzungen von „Experten“ und Tech-YouTubern. Vieles daran ist unglaublich falsch. Viele Menschen nutzen tatsächlich nur ein iPad (oder ein beliebiges anderes Tablet) und haben kein MacBook, keinen Laptop oder Rechner. Wie so oft ist es eine Frage der Nutzung.

Dass viele dabei ihre Nutzung auf ein Gerät stülpen und dann ihre Meinung herausposaunen, ist ein großes Problem. Auf YouTube findet man unzählige Videos von angeblichen Experten, die schlicht seit 100 Jahren mit dem MacBook Videos schneiden. Zunächst konnten sie nicht auf dem iPad schneiden, da keine gute App vorhanden war, dann war es nicht FinalCut und dann war FinalCut nicht gut genug. Es gibt aber noch viele andere Anwendungen, echt jetzt, glaubt mir.

Dass das iPad Pro – trotz des hohen Preises – in vielen Bereichen eine sinnvolle Anschaffung sein kann, habe ich in meinem Review (hoffentlich) bereits gezeigt. Aber ich habe auch über die Idee gesprochen, ob ich ein MacBook mit einem iPad Pro ersetzen könnte. Meine Antwort war: „Ja, aber …“. Da nicht alles so funktioniert hat, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Alles, was ich mit dem MacBook mache, kann ich mit dem iPad erledigen, andersherum ist das nicht der Fall. Aber einige Sachen gehen mit dem MacBook schneller – weil die Apps besser bzw. bekannt sind, die Handgriffe geübt sind und es sich weniger eingeschränkt anfühlt. Dass das nicht immer so bleiben wird und muss, sollte sich überraschend bald ändern.

iPadOS 26

Jedes Jahr heißt es: Mit dem nächsten iPadOS wird alles besser. Es wird das iPad befreien und endlich nützlich machen. Manche wünschen sich seit Jahren macOS auf dem iPad – was Blödsinn ist. Aber die Gerüchte waren voll: Dieses Mal wird es produktiver, versprochen!

UND BUMM! Die WWDC – die Entwicklerkonferenz von Apple – hat Einblicke in die neue Software geliefert. Die Funktionen wie Stage Manager und Side-by-Side sind geblieben, aber man kann nun die Apps an der Ecke packen und zu Fenstern machen. Zu echten Fenstern. Was nach Utopie klingt, sollte Wirklichkeit werden 😜.

Anschließend werden alle Apps wie auf einem Mac geöffnet, die Position wird sich gemerkt und man arbeitet wie gewohnt (da wären wir wieder bei der Gewohnheit). Eine Menüleiste taucht auch auf (auch hier Gewohnheit) und es gibt die bekannten 3 Buttons in der linken Ecke (Gewohnheit). Mehrere Fenster anordnen geht ebenfalls.

Dazu kommen Möglichkeiten wie Hintergrundaktivitäten, das heißt, dass eine Bearbeitung zum Beispiel von einem Video auch dann weiterläuft, wenn man eine andere App öffnet. Das ist doch mal ein Brett. Und dürfte vorrangig das Bild von iPadOS auf YouTube deutlich verbessern – es sei denn, sie denken sich neue „Probleme“ aus.

Die Reaktion war durchgehend WOW! Und endlich ist das iPad benutzbar. Da muss ich widersprechen. Ja, ich freue mich auch auf diese Funktionen, aber sind sie so viel besser als das, was es schon gab? Ist es nützlicher als Stage Manager? Schauen wir weniger auf Meinungsmacher und ich mache mir derweil ein eigenes Bild.

Public Beta, ich komme!

Gelegentlich schaue ich mir eine neue iPad-/iOS-Version vorab an. Während die Änderungen in iOS deutliche Änderungen mitgebracht haben, waren die letzten iPadOS-Updates zwar cool, aber selten wirklich merkbar (Taschenrechner, Rechnen in Notizen, Schrift mit dem Pencil verbessern sind cool, aber „Kleinigkeiten“). Dieses Mal musste ich aber schnell sein. Ist das iPad nun deutlich produktiver?

Vorab ein paar kleine Eindrücke. Die neuen Icons – besonders die durchsichtige Option – gefallen mir auf den ersten Blick gar nicht. Zu clean und zu unklar, welche App hinter welchem Icon steckt – Farbe scheint wichtig zu sein. Die neuen Rundungen und abgesetzten Menüs sind speziell. Die neue Uhrfunktion auf dem Sperrbildschirm ist interessant, aber ebenfalls speziell.

Aber darum geht es in diesem Senf nicht. Es geht um Produktivität. Das erste ist der Mauszeiger. Aus einem Punkt wird ein Pfeil. Zum Start ist das eine Kleinigkeit, die aber mehr bewirkt, als man meinen mag. Das Allerwichtigste ist aber der dritte Appmodus. Zu Vollbild und dem Stage Manager gesellt sich indessen „Apps als Fenster“.

Man kann die Fenster unten rechts anpacken und verschieben und die Größe beliebig anpassen. Jede neue App geht dann entweder als Fenster oder im Vollbildmodus auf. Danach kann man es anpassen und sieht die anderen Apps jederzeit. Dabei werden alle Fenster immer übereinandergestapelt. Also nicht wie bei dem Stage-Manager, bei dem jedes Mal ein cleaner Desktop ein Fenster anzeigt und man später Fenster gruppieren kann.

Ebenfalls neu sind 3 Punkte. Einmal sind sie verschwunden. In der Mitte eines Fensters konnte man zwischen „Vollbild“, „Split View“, „Slide Over“ und „Schließen“ entscheiden (siehe erstes Bild). Jetzt gibt es die 3 bekannten Kreise von macOS: „Schließen“, „Minimieren“ und Vollbild bzw. Bewegen, Skalieren und Anordnen. Das ist nicht nur bekannt, es ist auch direkt eine große Verbesserung.

Apps, die angepasst sind, zeigen sogar ein Menüband an, so wie man es – ja, erneut – von macOS kennt. Nach einigen Monaten dürfte die Produktivität für viele Apps einen gewaltigen Sprung nach vorn machen. Nicht selten wird ein Anwender, der beide Betriebssysteme kennt, vergessen, auf welchem Gerät er arbeitet. Das ist nahtlos und sehr schön.

Alter Use Case? – Bloggen

Was ist denn mit meinen alten Anwendungen? Sind die jetzt viel einfacher? Bin ich jetzt deutlich produktiver? Ich habe zwei Hauptanwendungen: Comics lesen und mitschreiben; und das Bloggen. Hat sich das verändert? Verschlechtert oder verbessert? Das sind Fragen, die für mich besonders wichtig sind.

Das Bloggen hat sich in der ersten öffentlichen Beta kaum verändert. Ob es nun Fenster oder Vollbildanwendungen sind, es ist fast identisch. Die Shortcuts, Wischgesten und Anwendungen sind die gleichen. Ein Problem bleibt und ein neues ist dazugekommen.

Das alte Problem dreht sich um die Anwendung „Language Tool“. Mit diesem Tool werden meine Texte sprachlich geprüft. Egal ob Grammatik oder Rechtschreibfehler oder Wortwiederholungen bzw. Umgangssprache. Auf dem Mac funktioniert es bequem als Add-on für Safari oder einen beliebigen anderen Browser. Für iPadOS gibt es dieses Add-on leider nicht.

Also muss man den Text kopieren und in die Anwendung einfügen. Dabei geht vieles eher schlecht, gerade wenn die Anwendung nicht im Vollbild ist. Früher haben Slideover oder Side-by-Side Probleme verursacht. Mit der neuen Fensteransicht ist es nutzbar, aber auch nicht unglaublich verbessert. Da kann die Beta nur wenig dafür.

Verschlechtert hat sich eine Situation, und zwar die Auswahl der Bilder von den Innenseiten der Comics. Dateien zeigt zwar alle Bilder an, geöffnet werden sie aber nun in der neuen Vorschau-App. Dort kann man auch durch das Dateisystem wühlen, auswählen kann man aber immer nur eine Datei. Das klingt erst einmal nicht schlecht, aber …

Das Problem? Wenn ich acht Bilder habe und vier für den Beitrag auswählen möchte, muss ich jedes Bild auswählen, das Bild prüfen, das Bild schließen und das nächste Bild auswählen. Keine Pfeilnavigation oder Mehrfachauswahl. Vielleicht ist das Problem mit der finalen Version verschwunden und war nur ein Problem der Beta, aktuell eher kontraproduktiv.

In der Summe bin ich etwas unproduktiver mit der neuen Version, wenn es um das Thema Bloggen geht. Das ist nicht schlimm, aber nicht das, was ich erwartet hätte. Man könnte sogar sagen, dass ich enttäuscht bin, dass es sich fast sogar weiter weg von macOS bewegt hat.

Alter Use Case? – Lesen

Comics lesen ist digital ein Genuss. Mehrere Fenster oder andere Produktivitätsfunktionen sollten egal sein, und genau das sind sie auch. Die Anwendungen funktionieren exakt gleich, sind im Vollbildmodus und zeigen die Panels wie gewünscht an. Also ist es dieser zweite Anwendungsfall unverändert? Für das Lesen ändert sich nichts.

Der einzige Unterschied könnte das Mitschreiben des Inhalts sein, das ich als Grundlage für die Beiträge verwende. Aber auch da ist Slideover meine benötigte Funktion, die sich ebenfalls exakt gleich verhalten sollte, oder? Leider nein. Den Slideover gibt es nicht mehr in iPadOS. Na herzlichem Glückwunsch. Und wie läuft es nun? Kurze Antwort: kompliziert.

Lange Antwort: Ich öffne die App meiner Wahl, um Comics zu lesen. Ich bin im Fenstermodus und bringe die Anwendung in den Vollbildmodus. Sollte mir etwas dokumentationswürdig sein, öffne ich meine App zum Mitschreiben (Bear). Diese öffnet sich als Fenster und ich kann die Größe anpassen und diese freiplatzieren. Das dauert etwas länger und ist weniger praktisch. Vielleicht gewöhne ich mich daran und der Zeitverlust hält sich in Grenzen.

Eine Verbesserung konnte ich in der DC Universe Infinite App feststellen. Wie in meinem Review beschrieben kann man die Anwendung – nicht das Lesen der Comics – nur im Hochformat nutzen. Bei der alten iPadOS-Version „lag“ die App auf der Seite. Jetzt geht ein Fenster in der Mitte des Bildschirms hochkant auf. Dadurch kann ich inzwischen – wenn ich das Magic Keyboard verwende – die App ohne Kopfschiefhalten oder das Trennen des iPads öffnen und im Katalog stöbern. Das ist tatsächlich ein Vorteil.

Und nun?

Es ist mehr oder weniger so wie in der Einleitung beschrieben. Das angeblich schlechte Multitasking von iPadOS war nie so schlimm, wie es einige behauptet haben, und das neue iPadOS ist nicht so viel besser als es aktuell noch ist. Es ist eine solide Verbesserung, aber nicht ein allesverändertes Update.

Einige Funktionen sind logische Weiterentwicklungen bzw. gehören in die Kategorie „Warum nicht gleich so?“. Ich bin ziemlich unverändert mit der neuesten Version unterwegs. Manche Intelligenzen würde ich mir noch wünschen. So gibt es Anwendungen, die ich immer im Vollbildmodus verwenden möchte. Also, warum nicht einen automatischen Moduswechsel?

Der Wegfall von Sliderover ist logisch und schade zugleich. Ein echtes Fenster ist flexibler und in gewisser Hinsicht besser, das Reinschieben von einer Anwendung von der Seite ist aber deutlich angenehmer und eben produktiver. Man wird sich auch daran gewöhnen und ich werde eines Tages diese Zeilen nicht mehr nachvollziehen können.

Das Update wird ein MacBook nicht unnötig machen und auch ein iPad nicht automatisch zu einer Eierlegenden Wollmilchsau machen. Es hängt stark von euren Anwendungen ab. Vielleicht wird es ein wenig oder sehr viel besser für euch. Vielleicht ändert sich aber auch nichts. Deswegen sage ich immer wieder: lasst euch nicht von einer Gruppe eine Meinung eintrichern und schaut wie ihr das iPad verwenden wollt und ob es EUCH taugt.

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