[Test] Kindle Scribe – 6 Monate später

Egal, ob Software oder Hardware, Produktivitätstools können sehr praktisch sein, aber wenn man etwas Zeit verstreichen lässt, sieht man erst, wie nützlich sie wirklich sind. Nutze ich den Kindle Scribe noch? Wofür nutze ich ihn? Was gibt es Neues?

Update

Wie zu erwarten war, musste ich natürlich den Premium Pen erwerben. Der Radiergummi auf der Rückseite ist gut, durch die Länge des Stiftes aber kein unbedingtes Kaufargument. Manchmal ist es schlicht aufwendiger, als Rückgängig oder den Radiergummi händisch auszuwählen. Mit der Zeit ist es aber okay, und wie bei einem Bleistift.

Anders verhält es sich mit dem Knopf auf der Seite. Dieser ist äußerst praktisch. Ich habe ihn mit der Markierungsfunktion belegt. Möchte ich markieren, ist das eine sehr nützliche Funktion. ABER der Knopf ist schlecht platziert. Dort liegen meine Finger beim Schreiben. Immer wieder drücke ich beim Schreiben den Knopf, manchmal stört es nur, manchmal löse ich damit unbeabsichtigt die Markieren-Funktion aus.

Nachdem ich beide Stifte im Einsatz hatte, habe ich eine gemischte Meinung. Der Premium Pen ist besser und beim Kauf des Scribes wegen niedrigen Aufpreises eine Empfehlung. Nachkaufen würde ich ihn wohl nicht noch einmal. Dazu ist er nicht ergonomisch genug und stört manchmal genau in den Fällen, in denen man sich auf das Schreiben konzentrieren möchte.

Kleiner Tipp, wie ich mich langsam an die Postion gewöhnt habe: einfach den Knopf nach hinten zu einem selbst drehen. Dann kann man bequem schreiben und löst die Funktion nicht aus Versehen aus. Wenn man dann etwas markieren möchte, kann man mit kleinem Umgreifen den Knopf dennoch betätigen. Nicht ideal, aber eine Lösung.

Lesen

Wofür benötige ich noch einen Paperwhite, ist sicherlich eine Frage, die ihr euch stellt. So oder so ähnlich habe ich am Anfang reagiert. Schneller und mehr Lesen gelang mir mit dem Scribe zu Beginn sehr viel besser. Aber wie sieht es nun nach einigen Monaten aus?

Am häufigsten lese ich (wieder) vor dem Schlafengehen. Da bietet sich der Paperwhite wegen der Größe (und wegen der Lokalität) besser an. Fachbücher lese ich aber weiterhin lieber auf dem Scribe, da der Stift geschickt für Notizen ist (vorrangig die neuen Funktionen).

Sollte ich tagsüber etwas lesen wollen – zum Beispiel, weil das Buch sehr spannend ist oder ich es unbedingt auslesen möchte – greife ich lieber zum Scribe. Weiterhin bin ich auf dem Scribe schneller. Mir gefällt sehr, dass die verbleibende Zeit pro Kapitel bzw. Buch sich an das Lesegerät anpasst. So war eine noch zu verbleibende Zeit in einem Buch auf dem Scribe einige Stunden weniger als auf dem Paperwhite.

Auch hier bin ich mir bis jetzt nicht ganz sicher, ob es an der Größe oder daran liegt, wo ich lese. Im Bett ist die Aufmerksamkeit nicht so hoch und man dreht sich mehr bzw. liest nicht immer direkt weiter. Der Grund kann mir egal sein, solange die Zeiten korrekt sind und mich motivieren – nichts nervt mich bei solchen Dingen mehr als falsche Zeitangaben.

Synchronisierung

Bei meinem damaligen Test hatte ich keine Probleme, das hat sich aber geändert. Sobald ich ein Buch auf beiden Geräte lese und nicht aktiv synchronisiere, hatte ich immer wieder Probleme mit der Position im Buch. Manuelles Synchronisieren vor dem Beenden und nach dem Starten half häufig.

Noch schlimmer war, dass das Gerät (häufiger der Paperwhite) dann nicht mehr auf Toucheingaben oder nur bedingt reagiert hat. Die Folge: ein langwieriger Neustart. Das ist unschön und hat das Lesen von einem Buch auf mehreren Geräten tatsächlich reduziert.

Häufig lese ich Bücher dadurch auf einem Gerät oder synchronisiere vorab manuell auf dem einen und dann auf dem anderen (dem Gerät, wo ich weiterlesen möchte). Das zweite Gerät benötigt dabei recht lange, bis man auf der aktuellen Seite angekommen ist.

Verwendung

Mittlerweile ist das Scribe ein fester Bestandteil meines Lebens. Egal, ob an einem Arbeitstag oder einem anderen Tag, schalte ich den Scribe früh an und prüfe bzw. setze meine Ziele für den Tag bzw. für die Woche. Wenn es Ereignisse gibt, trage ich sie in eine Art Kalender ein, um den Tag grob durch den Kopf gegangen zu sein. Dadurch kann man die Lücken und Ziele besser planen.

Während des Tages werden die Ziele abgehakt oder ich schreibe meine Gedanken auf, dazu verwende ich weiterhin Daily Scribbling. Seitdem ich diese Methode verwende, bin ich klarer und ich habe mich von Ballast befreit. So sehr, dass ich teilweise tagelang nichts aufschreiben muss.

Da mir die Notizbücher-Vorlagen nicht all das geliefert haben, habe ich ein Template gekauft. Dazu habe ich OnPlanners verwendet (andere Anbieter liefern Ähnliches). Hier kann man PDFs mit Verlinkungen erzeugen. Jede Seite kann man konfigurieren und auch wie viele man möchte.

Benötigt man eine Jahres-, Monats-, Wochen- oder Tagesübersicht, welche Variante und wie viele Seiten, sind Fragen, die man schnell zusammenklicken kann. Danach erhält man ein PDF und kann auch im Nachgang (ohne erneute Zahlung) das PDF etwas verändern. Das Ganze funktioniert natürlich auch auf Tablets, anderen Papertablets und auch Computern und Telefonen.

Das PDF sendet man dann zum Kindle und kann diese normal bearbeiten. Es taucht dann unter „Bücher“ auf. Damit wechsel ich kaum noch und habe eine schöne Übersicht. Mir hat es sehr geholfen, mehr Struktur in meinen Alltag zu bringen.

Neue Version (Hardware)

Kurze Zeit nach dem ich den Kindle Scribe in der Hand hatte, hat Amazon eine neue Version vorgestellt. Wichtig ist dabei, die Benennung zu verstehen. Amazon nennt ihn nicht „2nd Generation“, sondern Kindle Scribe 2024. Was heißt das? Eine kleine Wundertüte.

Das Erste, was auffällt, ist, dass der Rand weiß ist – so wie beim Remarkable. Zur Erinnerung, das fand ich beim Remarkable auch hübscher. Beim Scribe gefällt es mir nicht wirklich. Dazu gibt es noch eine grüne Farbe. Ebenfalls neu ist der Stift.

Dieses Mal kann man nur den Premium-Stift wählen, und dieser ist etwas anders verarbeitet. Und jetzt kommt der Witz: Der Rest ist identisch. Gleiches Display, gleiche Größe, gleiche Auflösung, gleiche Akkulaufzeit, gleiche Helligkeit. Oder in anderen Worten: das gleiche Gerät leicht anders verpackt.

Neue Version (Software)

Beworben wurden mit der neuen Hardware auch die Funktionen „Active Canvas“ und Konvertierung von Handschrift in digitalen Text. Während das Zweite selbsterklärend ist, sollte ich vielleicht ein paar Worte zum Active Canvas verlieren. Denn diese Funktion hat es in sich.

Active Canvas ist die Funktion, die viele sich vorab gewünscht haben, und zwar das Schreiben in Bücher, jederzeit und überallhin. Ein Punkt, der so gut erscheint, dass einige vielleicht vorschnell auf Kaufen geklickt haben. Der Clou: Diese Funktion ist nicht exklusiv. Genauer gesagt, keine Funktion ist exklusiv.

Alle Funktionen kommen per Software-Update, auch für den alten Scribe. Und das Verrückte: einfach so. Als ich den Scribe dann kurz vor Weihnachten angemacht hatte, war das Update da und ich habe es erst etwas später gemerkt. Kein langes Herunterladen, keine Update-Informationen vorab.

Active Canvas funktioniert super, auch wenn es ähnlich wie Bilder in Word funktioniert. Der geschriebene Text bekommt einen Kasten und der Text fließt um diesen drumherum, schreibt man quer, wird diese Box recht groß. Es ist eine gute Lösung, aber keine, die man von gedruckten Büchern kennen würde.

Dabei – vor allem da ich die PDF-Lösung von oben für meinen Alltag verwende – habe ich Unterstreichen und Markieren entdeckt. Funktionen, die sicherlich schon da waren, aber jetzt ihren zweiten Frühling erleben. Wie man Text sauber und wild markieren kann und der Scribe sehr genau erkennt, was markiert werden soll, gefiel mir richtig gut. Einziger Nachteil beim Markieren: Man kann nicht mehr justieren, nur komplett löschen. Justieren ist beim Unterstreichen hingegen ohne Probleme Zeichen genau möglich.

Was noch fehlt

Für die meisten Nutzer fehlen recht einfache Dinge. Dinge, die zum Beispiel reMarkable immer noch besser machen. Einen geraden Strich oder saubere Formen – durch langes Halten des Stiftes – sind weiterhin nicht möglich. Andere Geräte können das schon lange.

Ich hätte auch gerne mehr Stiftstile, die wirklich einen Unterschied machen und in dem Zusammenhang auch ein schnelleres Wechseln (vielleicht zur letzten Stiftauswahl mit einem Klick). Und zu guter Letzt sind die Vorlagen okay, aber mehr und wirklich unterschiedliche würde ich begrüßen. Ja, ich habe eine andere Lösung gefunden, aber das ist mehr eine Übergangslösung.

Mein Senf

Nachdem ich mich vom Mental Clutter (Geistige Unordnung) größtenteils befreit hatte, und die ersten verschiedenen Listen nicht mehr ganz so häufig verwendet wurden, dachte ich schon: Das war es, wieder ein Gerät, was nur sporadisch zum Einsatz kommt. Und dann gab es den ein oder anderen Boost.

Das Update mit Active Canvas und der neue Planner waren die Änderungen, die mir viel gegeben haben. Die ständige Verfügbarkeit des Scribe ist ebenfalls wichtig. Hin und wieder bereite ich mit dem Scribe ein Meeting vor. Vielleicht gehe ich da sogar in einen anderen Raum und bin mit meinen Gedanken und dem Scribe alleine.

Viele Dinge, die der Scribe kann, können Tablets ebenfalls und vielleicht sogar besser und vor allem viel mehr, aber die ablenkungsfreie Arbeit ist ganz anders gemeint als irgendwelche Pop-ups die sich in den Vordergrund drängeln. Es gibt nur das Blatt Papier und deinen Stift, nicht mehr. Die Gedanken sind wie ein Laser fokussiert.

Ich bin sehr zufrieden und es ist – wenn man ehrlich ist – eine viel größere Änderung in meinem Leben, als viele andere Geräte einem vorgaukeln. Vielleicht würde ich sogar so weit gehen, dass es wirklich etwas geändert hat. Und ja, das muss nicht jedem genauso ergehen.

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