[Comic] Top 8 2024

Was letztes Jahr eine Ausnahme sein sollte, hat sich auch im Jahr 2024 wiederholt. Anstatt euch die fünf besten Comics des Jahres zu präsentieren, gibt es dieses Mal erneut die besten acht Comics. Witzig: dieses Mal hat sich die Reihenfolge gewissermaßen von selbst ergeben. Überzeugt euch selbst.

Erwähnenswert

Neben den allerbesten Comics habe ich noch weitere Tipps im petto. Stöbert auch gerne hier, es wird sich lohnen (auch wenn es nicht zu den besten acht Plätzen gereicht hat):

8. Mein Freund Dahmer

Review

True-Crime ist im Vormarsch. Egal, ob Podcast oder Dokumentationsserien, überall werden Taten von Vergewaltigern, Mördern und anderen abartigen Menschen berichtet. Jeffrey Dahmer ist einer dieser Serienmörder, der besonders viel Aufmerksamkeit erregt hat. Jetzt stellt euch vor, ihr wärt mit so einem Serienmörder auf die gleiche Schule gegangen. Genauso erging es Derf Backderf.

Dieser Comic wirft ein interessantes Bild auf Dahmer und zeigt, wie schon früh Dinge erkennbar sein können und dass man eventuell viel hätte verhindern können, wenn man eingegriffen hätte. Man bekommt sogar ein bisschen Mitleid mit ihm – und ja, das vergeht wieder.

Der Stil des Comics gefällt mir recht gut. Es nimmt etwas die Verrücktheit von Dahmer. Das passt aber auch, da er zu diesem Zeitpunkt nicht komplett zu dem Monster von später geworden ist. Dieser Kontrast ist sehr passgenau. Leichte Überzeichnung muss man hier akzeptieren, aber wie gesagt, das ist genau das Richtige.

Dieser Comic lässt einen nicht los und fasziniert bis zur letzten Seite. Der Comic ist abgeschlossen und bietet somit auch für Menschen, die eher selten einen Comic in die Hand nehmen, eine gute Option. Die Netflix-Dokumentation habe ich dadurch tatsächlich begonnen.

7. Parker Girls

Review

Terry Moore hat mit dem Terryverse etwas Besonderes erschaffen. Es gehört in die Kategorie, dass man vielfach „vergisst“ wie gut sein Universum ist, bis man einen Band aus selbigen in die Hand nimmt und liest. Klingt das übertrieben?

Die Parker Girls sind eine Formation von Frauen, die sich – sagen wir mal – nichts gefallen lassen und aufeinander aufpassen. Ein Auftraggeber möchte, dass die Parker Girls sich um einen Mann kümmern, aber recht schnell wird klar: da steckt viel mehr dahinter.

Die Geschichte liest sich wie bei allen Terry Moore Geschichten fluffig und leicht. Die Zeichnungen sind cool und das allerwichtigste: starke und echte Frauen sind die Hauptpersonen. Also alles wie bei anderen Geschichten aus dem Universum? Mehr oder weniger schon.

Trotz (oder vielleicht auch wegen) des bekannten Musters funktioniert Parker Girls (für mich) so gut wie es auch schon bei Stranges in Paradise war. Die Faszination Terry Moore ist kaum greifbar, das muss man einfach gelesen haben, um zu verstehen, warum das so gut ist.

6. Splitter Turtles Collection

2 & 3

Vergangenes Jahr war die Turtles Collection „nur“ Achter und ich habe sie noch als IDW Turtles Collection geführt. Wäre ich nicht so langsam, hätte ich 2024 doppelt so viele Bände gelesen. Das ändert aber nichts daran, dass diese Collection großartig ist.

Worum geht es? Das kann man kaum in einem Absatz zusammenfassen, es sei denn, man macht es extrem allgemein. Also bleibt mir nur zu sagen, dass man hier die Welt der Turtles geboten bekommt und diverse Oneshots die einzelnen Protagonisten beleuchten.

Diese Collection ist einfach pures Gold. Man kann ohne Vorwissen einsteigen, aber es schadet nicht, wenn man ein wenig über die Ninja-Schildkröten weiß. Die Geschichten sind groß und man kann 400 Seiten zu einer Storyline lesen – und das in der richtigen Reihenfolge.

Die Oneshots zeigen, wie die Protagonisten ticken und warum sie handeln, wie sie handeln. Bei der Verarbeitung ist Splitter – wie sie es immer sind – Weltklasse. Gerade der dritte Band hat richtig Begeisterung in mir ausgelöst. Mal schauen, vielleicht kann ich aufholen, dass die Schildkröten auch nächstes Jahr mit am Start in der Bestenliste sind.

5. Ultimate Spider-Man

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Ganz neu ist das „neue“ Ultimate Universum aus dem Hause Marvel. Schon früher war das Ultimate Universum eine starke Nummer, der Neustart soll genau das replizieren. Die einhellige Meinung: Spider-Man funktioniert hier besonders gut, wenn man nur eine Serie lesen will, dann Spider-Man.

Peter Parker ist nicht Spider-Man. Der Biss der radioaktiven Spinne hat nie stattgefunden und er ist Familienvater. Sein Onkel Ben lebt noch, während Tante May kurz vor der Geschichte gestorben ist. Also alles anders. Aber Peter merkt: Etwas, stimmt nicht.

Alternative Superheldengeschichten – die dann auch eine gewisse Länge haben – neigen oft dazu, schnell alles zu „normalisieren“. Das ist hier nicht anders. Auch hier wird Peter wieder Spider-Man (das sollte keine Überraschung sein). Aber er ist reifer und das kann zu anderen Dingen führen.

Optisch muss man ebenfalls mit der Zunge schnalzen. Das sieht schlicht großartig aus und man kann sich nur verwundert die Augen reiben – aber nur wenn man dazu die Zeit findet. Man rast durch die Seiten und saugt alles auf. Ein sehr starker Superhelden-Comic.

4. Clear

Review

Stellt euch vor, die Welt ist so abscheulich, dass man einen Filter braucht, um nicht durchzudrehen – ja, ich weiß, bei manchen menschenfeindlichen Thematiken in der aktuellen Zeit sind wir nicht weit weg davon. Mit dieser Zukunftsvision spielt Clear.

Das Jahr 2052 hat die Computer verbannt, oder zumindest das, was man heute als solche interpretiert. Jeder trägt eine Brille, mit der man Filter, sogenannte Veils anwenden kann. Die Welt sieht dann so aus, wie man es gerne hätte. Sam Dunes ist Detektiv und möchte den vermeintlichen Selbstmord seiner Ex-Frau aufklären.

Francis Manapul zeichnet. Mehr musste ich nicht wissen und ich wurde nicht enttäuscht. Clear sieht Hammer aus und sorgt alleine dafür, dass wir hier einen Top-Titel haben. Die Kolorierung bringt zusätzlich Würze in das Ganze. Also ein Leckerbissen.

Ihr wollt Vergleiche, die euch überzeugen? Wie wäre es mit Cyberpunk 2077 und Tokyo Ghost? Das sind ähnliche Titel und jetzt kommt es: Mir hat Clear besser gefallen. Wir bekommen eine Dystopie und Humor, gepaart mit Technik-Krimskrams. Ich bin dabei 🤓.

Und wenn dann noch ein krasses Ende dabei ist, kann ich euch nur sagen: Lest Clear! Das war ein wilder und absolut genialer Ritt. Eine kleine Prise von Black Mirror ist übrigens auch versteckt. Und das, obwohl die Geschichte unter alledem nur okay ist. Klingt verrückt? Ist aber so.

3. Batman: Stumme Schreie

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Stellt euch vor, ein Superhelden-Comic ist eben nicht nur PUFF und BENG. Dazu wird noch ein ernstes Thema besprochen und behandelt, was mehr Aufmerksamkeit benötigt. Könnt ihr euch nicht vorstellen? Dann schaut vielleicht mal zu Batman: Stumme Schreie.

Mord in Gotham. Eine Schlagzeile, an die sich die Bürger Gotham gewöhnt haben, sorgt genauso für Aufruhr wie eine neue Droge. James Gordon hat keine einfache Zeit vor sich. Nicht nur die Ermittlung ist hart, auch seine Ehe hängt am seidenen Faden.

Diese Geschichte dreht sich um Kindesmissbrauch, und diese Kinder bekommen mit diesem Comic eine Stimme. Sogar Batman lässt tief blicken. Gordon ist ebenfalls nicht perfekt, dennoch ist es ein Protagonist, mit dem man mitfühlt. All das fühlt sich frisch an.

Dazu kommt ein ungewöhnlicher Zeichenstil, der diese Stimmung hervorragend transportieren kann. Der Name Batman zieht sicherlich einige an, aber auch andere sollten sich diesen Comic anschauen. Er ist bewegend und der emotionale Höhepunkt von 2024.

2. Hoka Hey!

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Bei manchen Comics benötige ich nicht viel, um zu wissen, dass es etwas Besonderes ist. Einer dieser Titel ist Hoka Hey! Die Vorschau des Splitter Verlags hatte auch ein paar Bilder parat und die lösten bei mir direkt einen Wunsch aus, die Geschichte zu lesen.

Die Kolonisierung von Amerika hat begonnen, die Ureinwohner wurden in Reservaten abgeschoben, natürlich mit reichlich Rassismus. George ist Diener für einen Reverend, der es sich gut gehen lässt. George möchte Arzt werden, eine Unmöglichkeit. Und dann wird George aus seinem bisherigen Leben gerissen, wegen Rache.

Hoka Hey! sieht unverschämt gut aus, das muss man eigentlich nicht mehr erwähnen. Auf der anderen Seite kann man es nicht oft genug erwähnen. Die Größe des Comics unterstützt die tollen Zeichnungen. So bleibt genügend Platz für jedes Panel.

Der Umgang mit Rassismus hat mir gefallen. Man bekommt ihn erst geboten und merkt, wie ungerecht und unqualifiziert dieser ist. Aber man erkennt auch, dass es oft beidseitig ist. Denn auch das indigene Volk hat Vorurteile. Solche Details muss man eben auch sehen.

Diese Übergangsphase vom wilden Westen in die „Zivilisation“ ist eine sehr spannende Phase. Gesellschaftskritik ist angebracht und passt auch in andere Zeiten. Das Transportieren von so einer Kritik ist nicht einfach, gelingt Hoka Hey! aber spielend. Man muss nicht Western mögen, um Hoka Hey! zu mögen.

1. Eight Billion Genies – Gib acht, was du dir wünschst

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Selten war ein Titel so klar die Nummer eins in einem Jahr wie dieses Jahr. Ich musste nicht lange überlegen, die eins stand als Erstes fest. Dass der Comic dabei nicht perfekt ist und auch nicht mit den Titeln von 2022 & 2023 mithalten kann, muss aber auch gesagt werden.

Die Idee und die ersten Hefte haben so gut funktioniert, dass Eight Billion Genies ein echter Kracher ist. Es greift wie schon erwähnt nicht so tief wie die Comics in den vergangenen Jahren, aber die Idee ist einmalig und beschäftigt nach dem Lesen noch ein wenig.

Aus dem Nichts kommen Dschinns. Jede Person bekommt einen und man darf einen Wunsch äußern, der dann in Erfüllung geht. Wenn diese sich nicht gegenseitig widersprechen, kann man sich alles wünschen. Am Anfang hauen die Menschen eine dumme Idee nach der anderen raus. Später sind Menschen, die noch einen Dschinn haben, etwas Besonderes.

Die Idee, einen Wunsch zu äußern, könnten sicherlich viele direkt beantworten, aber es ist ein Unterschied, wenn alle einen Wunsch haben. Die Welt ist nach kurzer Zeit eine andere. Weil diverse Wünsche kurios sind. Untergangsszenario lässt grüßen.

Das Design der Dschinns ist cool und abwechslungsreich. Auch sonst überzeugt der Comic optisch durchgehend. Da es ein abgeschlossener Band ist, macht man nichts falsch und hat eine tolle Zeit mit diesem Comic. Bisher hat der Comic nicht die Beachtung erhalten, die er verdient hat. Schaut ihn euch unbedingt an.

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